In Schwäbisch Hall hat am vergangenen Montag der Reigen der insgesamt 26 Mitgliederforen begonnen, auf denen die beiden Vorstände Eberhard Spies und Tobias Belesnai bis Anfang März einem großen Teil der insgesamt 65.374 Mitglieder aus erster Hand einen Einblick in die aktuellen Gegebenheiten und absehbaren Entwicklungen in der genossenschaftlichen Bank geben. Eberhard Spies fasst die Ausführungen unter einer griffigen Überschrift zusammen: „Es geht vor allem darum, die Zukunftsfähigkeit der Bank zu erhalten.“
VR-Bank will handlungsfähig bleiben
Um die nun 163-jährige Geschichte der Bank auch perspektivisch fortzuschreiben, hat die Bankleitung ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf ihrer Agenda stehen, die unter anderem die weitergehende Digitalisierung, den Aufbau von „KundenDialogCentern“ aber auch die weitere Reorganisation des Bankhauses beinhaltet. Den weiterführenden Umbau will die Vorstandschaft „aktiv angehen“, um auch künftig aus „eigener Kraft handlungsfähig“ zu sein. „Dabei reagieren wir auf Entwicklungen, die wir schon über einen längeren Zeitraum verfolgt und analysiert haben“, sagt Eberhard Spies. So ist etwa die Kundenfrequenz in den Bankstellen anhaltend rückläufig. „Wir haben Filialen, da sind die Kundenbesuche in der Vergangenheit um mehr als 60 Prozent zurückgegangen“, lenkt Tobias Belesnai den Blick auf die Datenlage.
Aus diesem Grund werden die beiden Geschäftsstellen Ilgenwiesen in Hall und in Untermünkheim aufgegeben und der Hauptstelle in Schwäbisch Hall zugeschlagen. In Crailsheim wird die Filiale im Stadtteil „Roter Buck“ der Hauptstelle angegliedert und im Marktbereich Gaildorf die Geschäftsstelle Fichtenberg geschlossen. Entscheidungen, die den Vorständen in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat nicht leicht gefallen, aber laut Eberhard Spies „ohne jede Alternative“ sind und verdeutlicht: „Wir haben im Geschäftsbetrieb dieser Geschäftsstellen ein betriebswirtschaftliches Minus in sechsstelligen Größenordnungen.“
Dem geänderten Kundenverhalten soll Rechnung getragen werden
Auch Alternativen, wie etwa eine technische Bankstelle mit Geldautomat und Kontoauszugsdrucker seien unter Berücksichtigung der gesamten Kosten für Gebäude, Datenleitung und Service wirtschaftlich nicht darstellbar. Eberhard Spies: „Es kann auf Dauer nicht sein, dass defizitäre Einrichtungen durch Erträge aus anderen Geschäftsgebieten ausgeglichen werden.“ Dass die Bankführung hier mit ganz spitzer Feder rechnet, ist natürlich auch dem generellen Umfeld geschuldet. Die Niedrigzinspolitik zeigt ihre Wirkung und drückt auch bei der VR Bank auf die Margen und das, obwohl die Bank im Markt generell gut unterwegs ist.
Sowohl die Einlagen als auch die Kredite sind zuletzt um rund 100 Millionen Euro angewachsen, die Bilanzsumme liegt inzwischen bei 2,33 Milliarden Euro und das Kundengeschäftsvolumen (4,71 Milliarden Euro), das auch das ertragreiche Provisionsgeschäft wie Bausparen, Wertpapieranlagen oder Versicherungen umfasst, liegt mit einem Wachstum von 364 Millionen Euro deutlich über dem Wert des Vorjahres. Eberhard Spies: „Trotzdem ist unser Ergebnis seit Jahren rückläufig und deshalb kommen wir einfach nicht mehr umhin, dem veränderten Kundenverhalten auch organisatorisch Rechnung zu tragen.“ Vorstand Tobias Belesnai verdeutlicht die Dimensionen des Wandels: „Wer weiß, dass die Transaktionen an unseren Schaltern in zwei Jahren um mehr als 45.000 Vorgänge abgenommen haben, die Nutzung des Online-Bankings aber kontinuierlich zunimmt, dem wird schnell klar, dass wir uns dem auch nicht verschließen dürfen.“
Neue Dienstleistung
Das ist auch der Grund, warum zum 1. April die „KundenDialogCenter“ (KDC) ihre Arbeit aufnehmen. Eberhard Spies stellt klar: „Das sind keine Service Center, sondern der Einstieg in eine weitere, zusätzliche Form der qualifizierten Beratung.“ Insgesamt sechs Mitarbeiter werden zum Start dann gerade auch über die digitalen Zugänge entsprechende Beratungen, unter anderem über eine Video-Schalte, bieten. Zunächst werden die Privatkunden in den Genuss dieses neuen Dienstleistungsangebotes kommen, zum 1. Oktober sollen dann die gewerblichen Kunden folgen.
Schwäbisch Hall, 5. Februar 2020