Vom Wert traditioneller Werte

VR-Bank. Was macht eine kompetente Führungskraft in der heutigen Zeit aus? Beim Neujahrsempfang in der neuen Mehrzweckhalle in Wolpertshausen widmet sich Obi-Gründer Manfred Maus dieser Frage. Von Frank Lutz

Sicherheit, Respekt, Tradition, Vertrauen, Nähe, Gemeinschaft – in leuchtenden Großbuchstaben zeichnen sich die Schlagworte vom dunklen Hintergrund ab. Und auch wenn es die Werte der VR-Bank sind, die beim Neujahrsempfang der Bank die Bühne der neuen Mehrzweckhalle in Wolpertshausen ausleuchten, dürfte auch Ehrengast Prof. h. c. Manfred Maus hinter ihnen stehen.

Nicht umsonst dreht sich der Vortrag des Obi-Gründers mit dem Titel „Die Welt verändert sich – Sie auch? Aufbau und Pflege einer Unternehmenskultur in einer sich wandelnden Welt“ um Werte. Werte wie Macht, Freiheit, Toleranz und Respekt, die seiner Meinung nach jede Führungskraft ihren Mitarbeitern vorleben sollte. Doch um die Führungsqualität sei es in der heutigen Gesellschaft nicht zum Besten bestellt. Das zeige sich an einer Bundeskanzlerin, die es versäume, dem Volk ihre Entscheidungen näherzubringen, zu erklären. Und es setze sich fort bei alltäglichen Erfahrungen mit chaotisch geführten Unternehmen und Einrichtungen – etwa manchen Krankenhäusern und der Deutschen Bahn. Überhaupt die Deutsche Bahn: Die habe mit ihrer notorischen Verspäterei eines nicht verstanden: „Pünktlichkeit ist ein wichtiger Wert in der Unternehmenskultur, und das müssen Sie vorleben.“ Schon ein Blick ins Nachbarland Schweiz zeige, wie ein Bahnunternehmen viel effizienter geführt werden könne.

Munter springt Maus von einem Thema zum nächsten, hält sich nur grob an sein Manuskript, improvisiert, fasziniert. Und auch wenn ihm der rote Faden manchmal zu entgleiten droht, hören ihm die 680 Besucher in der bis fast auf den letzten Platz gefüllten Halle aufmerksam zu. Denn sie spüren: Hier steht einer vor ihnen, von dessen Lebenserfahrung sie lernen können. Der die Werte, die er predigt, auch wirklich ernst nimmt. Und der sich nicht damit zufriedengibt, den Branchenführer in Deutschland begründet zu haben, den heute 98 Prozent der Deutschen kennen.

Nein, Maus geht es ums große Ganze, und auch mit seinen inzwischen 83 Jahren gibt er sich als unermüdlicher Weltverbesserer. Da wirbt er leidenschaftlich und unter lautem Beifall für die europäische Integration: „Wir lassen uns Europa von linken oder rechten Populisten nicht kaputt machen. Wir kämpfen für Europa.“ Da mahnt er angesichts des Fachkräftemangels: „Wir werden andere Kulturen integrieren müssen“ und fragt die Anwesenden: „Tolerieren Sie Muslime in Ihrer Organisation?“ Da zeigt er Verständnis für Flüchtlinge: „Jeder von uns braucht ein Dach über dem Kopf, ein Zuhause.“ Wenn die Menschen in Afrika keine Perspektive hätten und über die Medien den westlichen Wohlstand mitbekämen, dann sähen sie keine andere Lösung als die Flucht.

Und da kritisiert Maus auch die eigene Branche für ihre Engstirnigkeit: 85 Prozent des
weltweiten Umsatzes im Do-it-yourself-­Geschäft würden in Europa und Nordamerika gemacht – dabei lebten dort nur 15 Prozent der Weltbevölkerung.

Unterhaltsame Anekdoten

Doch obwohl die ernsten Themen im Vordergrund stehen, versteht es Maus auch zu unterhalten. Schon mit seinem Eingangsstatement „Ich liebe die Frauen über alles“ zieht er einen Großteil des Publikums auf seine Seite. Um dann zu ergänzen, dass der Satz nicht im Sinne eines Franz Beckenbauer oder Boris Becker gemeint, sondern rein geschäftlicher Natur sei: Im Baumarkt-­Geschäft gehe es um die Einrichtung der Wohnung – und in diesem Bereich hätten nun mal die Frauen die Hosen an.

Und dann gibt Maus noch die Anekdote zum Besten, wie der Name „Obi“ überhaupt entstand: In einem Gespräch mit drei Franzosen sagte einer von ihnen: „Mein Hobby ist Tapezieren.“ Aus der französischen Aussprache des Wortes „Hobby“ ging also ein Markenname hervor, der Menschen längst über Grenzen hinweg leicht über die Lippen geht.

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7,3 Milliarden Euro beträgt der Jahresumsatz von Obi. 46 000 Menschen beschäftigt die europaweit tätige Baumarkt-Handelskette mit Hauptsitz in Wermelskirchen bei Remscheid.

Engagierter Firmengründer

1935 in Gottmadingen im Landkreis Konstanz geboren, studierte Manfred Maus nach einer Ausbildung in einer Eisenwarenhandlung Betriebswirtschaft in Wuppertal. 1958 trat er in Emil Lux’ Werkzeugunternehmen Lux ein. Mit Lux und Klaus Birker gründete Maus 1970
Obi.

Maus ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und der Verdienstmedaille des Landes Baden-­Württemberg. Für sein Lebenswerk bekam er 2004 den Lifetime-­Award des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) verliehen. Er ist Ehrenpräsident des Deutschen Franchise-­Verbands und Mitglied des Stiftungsrats der Peter-Ustinov-Stiftung.

 

Hallet Tagblatt, 16.01.2018

Manfred Maus präsentiert sich als launiger Redner, der das Publikum zu fesseln weiß. Foto: Frank Lutz