Die größte genossenschaftliche Bank in der Bezirksvereinigung Hohenlohe-Franken hat bereits vor fünf Jahren damit begonnen, das klassische Geschäftsmodell zu digitalisieren. „Das an sich ist keine Besonderheit mehr, sondern eher eine fortschreitende Entwicklung“, sagt der Vorstandsvorsitzende Eberhard Spies. Neu dagegen ist, dass die Bank den elektronischen Zugang zum Haus in den Mittelpunkt rückt und ihren sonstigen Service entsprechend anpasst.
Digital ist normal: Ob mobile Endgeräte, der heimische Computer, die Bank-App oder fast schon klassisch der Bankautomat: Die Technisierung ist für die mehr als 100 000 Kunden und die rund 65 500 Mitglieder der traditionsreichen Genossenschaftsbank längst Gewohnheit. Das Angebot, Bankgeschäfte über verschiedene Kanäle (Multi-Channel-Vertrieb) zu tätigen, wird nun strategisch als „Omni-Channel-Vertrieb“ fortgeschrieben. Um perspektivisch wirtschaftlicher, effizienter, aber auch noch kundenorientierter ausgerichtet zu sein, wird die Elektronik dazu genutzt, sich beim persönlichen Kontakt auf das Wesentliche, Komplexem im Detail auch Schwierige zu konzentrieren. Neue IT-Strukturen, in die der genossenschaftliche Verbund in den nächsten fünf Jahren mehr als 450 Millionen Euro investiert, machen dies möglich.
Die ohnehin sehr vertriebsorientierte VR Bank nutzt diese Möglichkeiten, um den Begriff Marktnähe nun neu zu interpretieren und richtet dazu unter anderem das neue Geschäftsfeld „Digitales Banking“ ein.
GEZIELT „Die Technik versetzt uns in die Lage, uns noch spezieller und gezielter an den aktuellen Bedürfnissen des jeweiligen Kunden zu orientieren“, erklärt Eberhard Spies. Die Basis für diese grundlegende Neuausrichtung ist dabei das Nutzungsverhalten verschiedener Kundengruppen. Grob gerastert unterteilen die Genossen ihre Kunden und Mitglieder in drei Gruppen. Besonders im Fokus: die „Digital Natives“. Dieses Klientel ist meist jünger, ihre Bankgeschäfte wickeln sie fast ausschließlich über mobile Endgeräte ab. Sie beschränken den persönlichen Kontakt zur Filiale auf das Notwendigste und bestimmen mit ihrer Herangehensweise die Beziehung Bank – Kunde der näheren Zukunft. Gruppen zwei bilden die sogenannten „Hybridkunden“. Diese nutzen den elektronischen Zugang vor allem, um sich zu informieren; suchen aber die klassische Beratung und fordern diese auch ein.
Der dritte Bereich umfasst alle Kunden mit Vorgängen, bei denen eine detaillierte Begleitung , wie etwa bei größeren Krediten, Finanzierung oder komplexe Kapitalanlagen schon durch den Sachverhalt unabdingbar ist. Das Alltägliche, eher ungewöhnliche wird künftig via Datenautobahn erledigt.
„Die Digitalisierung erlaubt es uns, einfach Vorgänge schnell, direkt und in enger Absprache mit dem Kunden abzuwickeln“, erklärt Vorstand Tobias Belesnai. Knapp die Hälfte aller Kontakte „laufen“ bereits online. In allen Fragen, wo die Kunden neben automatisierter Elektronik den direkten Kontakt suchen, wird „das Standardgeschäft“ künftig vor allem von den Mitarbeitern im Kundenservicecenter (KSC) begleitet. Damit sind die Kundenservicecenter für die Beziehung Bank und Kunde künftig von zentraler Bedeutung, sind sie doch der erste Ansprechpartner, deren Aufgabe es ist, eingehende Fragen direkt zu beantworten oder sie den Fachleuten in den Regionalcentern weiterzugeben.
Die Mitarbeiter des KSC sind eine der wesentlichen Antworten auf die Frage, wie die VR Ban die Forderung nach „Nähe zum Markt und Mitgliedern“ im digitalen Zeitalter beantwortet. 18 Mitarbeiter bilden in der Starphase dieses übergreifenden Eingangsportal. „Wie viele Mitarbeiter hier letztendlich eingesetzt werden, lässt sich derzeit nicht sagen“, so Eberhard Spies. Seiner Einschätzung nach werden es „in absehbarer Zeit sicher doppelt so viele sein“.
Ein Beispiel, wie die Technik den Auftritt der Bank verändert. Denn das KSC sind keine Telefonisten, sondern gut ausgebildete Fachkräfte, von deren Kompetenz es abhängt, wie der Marktauftritt letztendlich bewertet wird.
Damit im Nachgang eine umfassende Beratungsqualität gegeben ist, werden die Felder Geschäfts- und Privatkunden in einer organisatorischen Einheit gebündelt. So wird jeder Kunde künftig von „einem Beratungspaar“ betreut, das sich je nach Fragestellung Kredit oder Anlage mit seinen Anliegen beschäftigt. Um den strategischen Umbau auch organisatorisch umzusetzen, wird das Geschäftsgebiet ab 2019 in zwei Regionalmärkte unterteilt, die dann über die Spezialisten in den Servicecentern betreut werden. Eberhard Spies: „Wir orientieren uns in unseren Leistungen mehr an den Bedürfnissen und weniger an der Raumschaft, da Entfernung durch die Digitalisierung einfach an Bedeutung verliert.“
von Heribert Lohr
RegioBusiness, 01.12.2018