Die VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim führt ein neues Hausbankmodell ein.
Finanzwirtschaft: Zurück zu den Ursprüngen
Schwäbisch Hall, 06. Oktober 2017
Die Informationen, die jeder der rund 64 000 Mitglieder dieser Tage in seinem Briefkasten findet, dürfte für einige Aufregung sorgen. Denn die größte genossenschaftliche Bank im hohenlohisch-fränkischen Raum stellt die Beziehung Kunde-Bank auf eine völlig neue Grundlage.
Was den Genossen auf drei mehrseitigen Flyern anschaulich erläutert wird, fußt auf zwei Überlegungen, die der Vorstandsvorsitzende Eberhard Spies sprachlich in zwei grundsätzliche Formen gießt: „Die leidige Umsonstkultur ist mehr und wer keine engeren Beziehung zur Bank wünscht, soll auch die Vorteile unserer Kunden und Mitglieder nicht mehr genießen.“
Bald auch für Geschäftskunden
Der Hintergrund ist bekannt. Finanzkrise und Niedrigzinsphase, höhere Regulatorik und verschärfte gesetzliche Vorgaben haben das klassische Ertragsmodell der Banken ins Wanken gebracht. Die VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim machte nun aus der Not eine Tugend. Für die rund 100 100 Kunden hat Projektleiter Daniel Reiter und sein Team in den vergangenen zwölf Monaten ein Hausbankprogramm mit neuen Konto- und Depotmodellen ausgearbeitet, das zum Januar 2018 eingeführt wird.
Das Programm verfolgt mehrere Ziele. Die Bank will künftig ihre Leistungen gezielt bepreisen, gleichzeitig soll die Mitgliedschaft und eine engere Geschäftsbeziehung attraktiver ausgestaltet werden. Das Programm folgt einem einfachen Prinzip: Wer mit der Volksbank geschäftlich „mehr macht“, soll künftig über bessere Konditionen davon profitieren. Eberhard Spies: „Es ist doch nicht einzusehen, dass die Kunden und Mitglieder, die regelmäßig mit uns Geschäfte machen, bei den Gebühren keine Vorteile davon haben.“ Der Bankchef stellt unmissverständlich klar: „Wir sind hier zuhause, haben hier unseren Markt. Die Querfinanzierung alter Prägung können wir uns nicht mehr leisten und außerdem widerspricht dass dem genossenschaftlichen Gedanken.“
Das Hausbankprogramm orientiert sich an den bekannten fünf Beratungsfeldern „Liquidität“, „Vermögen“, „Vorsorge“, „Immobilie“ und „Absicherung“. Entsprechend dem Umfang der Geschäftsbeziehung wird der Kunde/das Mitglied künftig eingruppiert. Je nach Status der Eingruppierung – vier sind möglich – fallen dann unterschiedliche Gebühren an. Welchen Status der einzelne hat, erfährt er per schriftlicher Mitteilung oder über eine neue App, wo der jeweilige Status detailliert beschrieben wird. Gerade über den elektronischen Zugang lässt sich schnell ein Überblick über die aktuelle Gesamtversorgung gewinnen, Auskünfte abrufen oder Veränderungen anstoßen. Informationen über Aufbau und Vorzüge des neuen Tarifprogrammes gibt es auch in jeder Filiale. Für die Kunden besonders wichtig: Mit dem Hausbank-Programm wurden auch die Gebührenstrukturen für die Girokonten überarbeitet. Der monatliche Grundpreis ist künftig abhängig vom jeweiligen Status. Dabei können Leistungen „hinzu gebucht“ werden und so kann jeder Kunde letztlich sein Hausbankkonto so auslegen, wie er es möchte und bezahlt auch nur die Leistungen, die er nutzt.
In den meisten Fällen ist die Grundgebühr zunächst etwas teurer. Wer sich enger an das Bankhaus bindet fährt auf Sicht günstiger. Torsten Schulz, Leiter Öffentlichkeitsarbeit geht nach aktueller Datenlage davon aus, „dass bereits zum Start über die Hälfte der Kunden von den Vorteilen profitieren.“ Die jeweiligen Gutschriften werden übrigens sofort mit den Gebühren verrechnet. Das Hausbank-Prinzip gilt auch für die Nutzung von Kreditkarten. Hier beträgt der Vorteil wenigstens zehn Euro, obendrein gibt es noch einen regionalen Einkaufsgutschein, der im Geschäftsgebiet bei über 150 gewerblichen Partnern eingelöst werden kann. Auch hier folgt die Bank ihrem Anspruch: „Wir wollen regionale Wertschöpfung fördern“, sagt Eberhard Spies, „das ist unsere Aufgabe. Davon sollen auch unsere Partner möglichst viel haben.“
In diesem Zusammenhang wird auch drauf geachtet, dass auch „genossenschaftliche Grundprinzipien“ eingehalten werden. Und so verfolgt das neue Programm auch eine soziale Komponente.
Genossenschaftliche Prinzipien
Ob Student, Rentner, Besserverdiener oder Hartz IV-Empfänger – entscheidend ist nicht der Kontostand. Eberhard Spies: „Wir kennen die Menschen, die zu uns kommen. Ob jemand einen kleinen Kredit aufnimmt, ein kleines Vorsorgepaket über 25 Euro abschließt oder eine größere Anlage tätigt, ist für seinen Status nicht entscheidend.“
Mit einer zeitlichen Verzögerung soll das Hausbankmodell in ähnlicher Ausprägung dann auch die gewerblichen Kunden einschließen. Der Start dieses Modells ist für den 1. April kommenden Jahres angedacht, dann soll es auch für diesen Geschäftsbereich neue Kontomodelle geben.
Haller Tagblatt; Hohenloher Tagblatt, 06.10.2017