Bayerische Trachten bei uns? Undenkbar?

Zum traditionellen Volksfest in traditioneller Tracht als Zeichen der Heimatverbundenheit

Wussten Sie, dass der echte Hohenloher nur zwei Jahrszeiten kennt? „Vor der Muswiese“ und „Nach der Muswiese“!

Zurzeit findet wieder der Jahreszeitenwechsel statt. Das älteste Volksfest der Hohenloher – es ist seit 1434 urkundlich verbürgt – zieht jede Menge Besucher aus nah und fern an. Für den Einheimischen jeden Alters ein MUSS: Die Verkaufsstände, die ihren Namen zu recht tragen. Die Bauernwirtschaften auf den Höfen mit ihrem deftigen Essen. Das mehr oder weniger zufällige Treffen von alten Bekannten „soo, bisch aa e weng doo?“. An den fünf Tagen schlägt das Herz der Hohenloher in der kleinen Gemeinde bei Rot am See.

Doch seit einigen Jahren können die Besucher immer mehr Leute treffen, die sich „verkleidet“ haben: Die Frauen in bunt karierten Röcken mit Schürzen, die Männer mit kurzen Kniebundhosen und klein kariertem roten oder blauem Hemd – ein Aufzug, der an die bayerische Tracht angelehnt ist. Dazu Haferlschuhe und passende Socken, dann ist die Tracht komplett. Bei den Frauen kommt noch der richtige Sitz dazu: Passt der Ausschnitt? Die Schürze? Ist die Schleife an der richtigen Seite? Denn daran kann man den „Status“ der Dame ablesen, links gebunden bedeutet ledig, rechts verheiratet, in der Mitte „nicht vergeben“.

Dirndlmode

Bild: Fotolia #95415811 © e.haslinger

Warum ausgerechnet das bayerische Outfit?

Bayern (oder eigentlich Franken) ist zwar nicht weit, doch die meisten der nicht immer jungen Menschen in Volkskleidung kommen gar nicht aus dem Freistaat, sondern sind waschechte Hohenloher und damit seit 1806 Württemberger.

Jetzt stellt sich die Frage, warum ausgerechnet das bayerische Outfit, wo wir auch eine eigene Tracht haben? Der Sinn dafür erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Dass bei einem traditionellen Volksfest auch die traditionelle Tracht getragen wird, wäre ein Stück Heimat. Aber so?

Die Werbung macht es vor: Überall sieht man Menschen mit Kleidung im alpenländischen Stil und jedes Jahr gibt es neue Trends – früher knallig, jetzt eher ruhigere Farben, Pastelltöne und florale Muster. Es wird suggeriert, dass das Fest nur dann „jung, fetzig und voller Lebensfreude“ ist, wenn ein Dirndl oder eine Krachlederne zum Einsatz kommt. Ändert sich dadurch die
Atmosphäre des Fests? Positiv oder negativ? Fühlen sich die Besucher nur dann passend für das Volksfest gekleidet? Ist das eine Rückbesinnung auf die heimatlichen Werte?

 

Bayrische Lederhose

Bild: Fotolia #44750205 © F. Seidel

Back to the roots - das Comeback der Hohenloher Tracht

Wie wäre es, wenn es eine „Initiative zur Förderung der Hohenloher Tracht“ geben würde? Jeder, der in der Hohenloher Tracht kommt, erhält beispielsweise ein Getränk gratis.

Doch soweit ist es leider noch nicht. Schließlich gibt es die traditionelle hohenlohische Tracht nicht an jeder Ecke zu kaufen. Aber wäre die diesjährige Muswiese nicht DIE Gelegenheit, umzudenken und etwas Neues anzufangen? Anstatt der bayerischen wird die Hohenloher Tracht angelegt und über das Fest gezogen, damit fällt man garantiert auf! Oder was meinen Sie?

Zuletzt aktualisiert am 10. Oktober 2016.